Ein zweimonatiges Gratis-Sommerfestival an 25 Standorten in ganz Wien in sechs Wochen zu planen, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Noch dazu im Einklang mit den Corona-bedingten Richtlinien für Veranstaltungen. Dass es möglich ist, hatte die Stadt Wien bereits beim Film Festival am Rathausplatz gezeigt. Was dabei heraus gekommen ist, kann jeder selbst beurteilen. Seit dem 9. Juli gibt es weitere Möglichkeiten in der Stadt, die Quadratur des Kreises zu bestaunen: Wien dreht auf: „Kultursommer 2020“ lautet der peppige Slogan aus der Marketing-Schmiede der Stadt Wien. Zwei große Bühnen, fünf kleinere und drei Mini-Auftrittsflächen machen zwar noch keine 25 Locations, aber mit den Garten-Locations in den Wiener Altenheimen kommt die Zahl heraus.
Was früher Altersheim genannt wurde, ist später zum Seniorenheim mutiert. Als das Begriff "Heim" aufgrund des Missbrauchs an BewohnerInnen nicht mehr tragbar schien, wählte man blumigere Ausdrücke wie "Häuser zum Leben". Mit dem neu entdeckten Coronavirus bekommt das Wort "Heim" wieder eine positive Note.
Der Sprachgebrauch in der Wiener Stadtverwaltung ist rätselhaft und mysteriös. Seit das Gendern unter Häupls Damenriege perfektioniert wurde, sind viele ehemals neutrale Begriffe nicht mehr auf beide Geschlechter anwendbar. Zusammengefasst: BesucherInnen erwartet zwei Main Stages, fünf Modular Spaces drei Artist Corners. Wohlgemerkt in Wien, nicht in London.
Das Programm des „Kultursommer 2020“ wird bis Ende August Woche für Woche aktualisiert und ist ab sofort auf www.kultursommerwien.at bzw. unter der Info-Hotline 01 34 35 814 verfügbar. Die Veranstaltungen – mit Ausnahme der „Public Moves“-Reihe von ImPulsTanz sowie der Gartenkonzerte in den „Häusern zum Leben“ – finden jeweils von Donnerstag bis Sonntag statt.
Wienerlied und Wiener Musik stehen ganz oben in der Musikauswahl. Darunter Kollegium Kalksburg, Wiener Blond, Roland Neuwirth uvm. Auf dem Programm stehen bis Ende August auch Namen wie Doris Knecht und Stefanie Sargnagel, Joesi Prokopetz und Christoph & Lollo, Clara Luzia und Lou Asril, Attwenger und die Strottern, Grischka Voss und mehr. Als Wegbereiter einer neuen Gesundheitsdiktatur schreiten einige der klügsten Künstler Österreichs scheinbar spielend solchen Zuständen entgegen. Zumindest auf halben Weg und mit gebührendem Abstand zu jenen, die sich mit den Künstlern in den eingrenzten Bereich begeben und dort versammeln. Nach den Covid-19-Gesetzen der Regierung und dem obligatorischen Gold Plating der Stadt Wien sieht das dann so aus:
Um der Verpflichtung zur Auskunftserteilung gemäß §5 Abs. 3 Epidemiegesetz von 1950 nachkommen zu können, sind alle TeilnehmerInnen (BesucherInnen, MitarbeiterInnen, KünstlerInnen, AkteurInnen) verpflichtet, aktuelle Kontaktdaten (Name, Telefonnummer, E Mail-Adresse) bekanntzugeben. Gemäß den Empfehlungen des BMSGPK werden diese Daten für die Dauer von 28 Tagen aufbewahrt. Auf Grundlage der aktuellen Covid-19-LV und den Empfehlungen des BMSGPK werden folgende Schutzmaßnahmen und Verhaltensrichtlinien für BesucherInnen festgeschrieben:
Nach Eintreffen am Veranstaltungsort nehmen Sie bitte unmittelbar die Ihnen zugewiesenen Plätze ein. Ein Wechsel auf eventuell andere freie Plätze ist nicht gestattet.
„Der Kultursommer ist eine Reaktion auf die aktuelle Entwicklung und auf das, was uns dabei besonders wichtig ist: das Kulturleben. Teil der Lebensqualität dieser Stadt ist ein aktives Kulturleben, das Freude macht. Jetzt sind wir dabei, genau das wieder zu starten“, erklärt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler ergänzt: „Unsere Kulturschaffenden mussten lange darauf warten, in Kontakt mit dem Publikum treten zu können. Wir haben nun für alle Genres Räume geschaffen, wo dies unter den gegebenen Umständen wieder möglich ist.“
Kommentar: Das Epidemiegesetz zu zitieren, um eine "freiwillige" Registrierung bei Veranstaltungen im Freien anzuschaffen, sollte nicht nur Künstler hellhörig werden lassen. Ein zweimonatiges Gratis-Sommerfestival an 25 Standorten in Wien klingt super, wäre nicht gerade Corona. Die Angst der Menschen vor sozialer Ächtung ist riesengroß, wenn sie halblegal daran teilhaben. Das konnte man Besuchern eines Donauinselfest Tourbus Konzerts im Währingerpark von den Gesichtern ablesen. Ein Besuch im Golden Time scheint weniger verrucht, als die Freiluftbühnen der Stadt Wien aufzusuchen.
Wenn kerngesunde Slimfit-Jünglinge und Bleistiftrock-Girls mit Mundnasenschutz zum nächsten Termin hasten, kann man ihren Stallgeruch wahrnehmen. Die Profiteure der Krise tragen gerne Maske in der Öffentlichkeit. In den Open-Air-Locations des Wiener Kultursommers gibt es keine Maskenpflicht und keine Profiteure. So bleibt jeder unter sich, für sich und bald nur mehr in sich verschlossen.
Werfen Sie Ihr "Heim" nicht weg, sie werden es noch brauchen. Thanks to the new normal.
(PID/red)
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